Hintergrund zum Projekt Katzenspur (Schweiz)

Katze mit bunter Halskrause sitzt auf einem Feld

In der Schweiz werden schätzungsweise 1.85 Millionen Hauskatzen gehalten (Hochrechnung des Verbandes für Heimtiernahrung, VHN 2022). Oftmals sind Katzen wichtige Familienmitglieder und bereichern den Alltag vieler Menschen. Vielen Katzenhalter:innen ist das Tierwohl und der Naturschutz ein grosses Anliegen. Daher geraten sie in einen Konflikt, wenn ihre Katzen Wildtiere erbeuten und dadurch Tierleid verursachen.

Wie viele Vögel erbeuten Katzen in der Schweiz?

Pro Frühlingsmonat werden in der Schweiz zwischen 1.2 und 2.4 Millionen Säugetiere und 0.1 und 0.3 Millionen Vögel von Katzen erbeutet (Tschanz et al. 2011). Diese konservative Schätzung beruht auf einer Studie zu einer ländlichen Katzenpopulation, in der die Zahl der nach Hause gebrachten Beutetieren auf die landesweite Katzenpopulation von 1.38 Mio. (im Jahr 2008) hochgerechnet wurde, wobei ca. 72% der Katzen Zugang ins Freie hatten. Diese Werte können allerdings nicht auf das ganze Jahr hochgerechnet werden, weil Katzen in verschiedenen Jahreszeiten unterschiedlich viel Beute machen und im Winterhalbjahr schätzungsweise nur rund ¼ so viele Vögel erbeuten wie im Sommerhalbjahr. 

Gemäss Umfragen des Verbandes für Heimtiernahrung (VHN 2022) hat die Katzenpopulation in der Schweiz in den letzten 10 Jahren um mehr als 20% zugenommen. Neuere Studien haben zudem ergeben, dass Katzen nur 18 – 30% der getöteten Beutetiere nach Hause bringen (Kays & DeWan 2004, Loyd et al. 2013, Seymour et al. 2020). Indes bringen Katzen auch viele Beutetiere nach Hause, die bereits tot oder schwer verletzt sind. So waren in der neuen Studie von SWILD und der Schweizerischen Vogelwarte rund 27% der nach Hause gebrachten Vögel zuvor nachweislich mit Fensterscheiben kollidiert (Geiger et al. 2022). Berücksichtigt man all diese Faktoren, kann davon ausgegangen werden, dass Katzen pro Jahr in der Schweiz rund 1.1 – 3.4 Millionen Vögel erbeuten (die genaue Berechnungsgrundlage stellen wir gerne auf Anfrage zur Verfügung: cats@swild.ch)

Viele Faktoren beeinflussen Wildtierbestände

Allerdings lassen absolute Zahlen keine Schlüsse auf den tatsächlichen Effekt zu, den die Katzen auf die Wildtierpopulationen haben. Denn man muss diese Zahlen immer ins Verhältnis zu den Beutetierzahlen setzen. Dazu müsste man den Bestand und die Bestandsentwicklung der Beutetierpopulationen erheben. Zudem müsste man berücksichtigen, ob die erbeuteten Tiere alt oder jung, krank oder gesund waren. Denn diese Faktoren beeinflussen, wie gross der Beitrag dieser Tiere an der Bestandsentwicklung ist.

Katzen können zudem einen negativen Einfluss auf die Beutetierpopulationen ausüben, ohne die Tiere zu töten: Es kann sein, dass Wildtiere geeignete Lebensräume weniger nutzen, weil sie den Katzen ausweichen. Oder sie sind durch die Anwesenheit von Katzen gestresst und pflanzen sich in der Folge weniger gut fort.

Weitere negative Einflüsse auf die Wildtiere, die miteinbezogen werden müssten, sind Lebensraumzerstörungen sowie eine Abnahme der Lebensraumqualität (BAFU 2023). Solche Studien sind sehr aufwändig und können daher kaum im nötigen Umfang durchgeführt werden. Bis heute fehlen eindeutige Daten, dass Katzen in der Schweiz einen negativen Einfluss auf die Beutetierpopulationen haben.

Vorsorgeprinzip anwenden

Zwar fehlen also eindeutige Daten, dass Katzen einen negativen Einfluss auf die Beutetiere haben. Andererseits ist die Anzahl Hauskatzen in der Schweiz tatsächlich sehr gross. Zudem verlieren viele Wildtiere in der dicht besiedelten und intensiv genutzten Schweiz zunehmend ihren Lebensraum. In solchen Situationen kommt das Vorsorgeprinzip zum Zug: Da ein Risiko eines negativen Einflusses auf Wildtiere zumindest gebietsweise bestehen kann, sollte man Massnahmen ergreifen, die dieses Risiko senken können. Diese Massnahmen müssen katzenverträglich und in Studien erprobt sein. Katzenhalter:innen erhalten so die Möglichkeit, einen wichtigen Beitrag an den Artenschutz zu leisten und viel Tierleid zu vermeiden.

Massnahmen im Test

Die Forschungs- und Beratungsgemeinschaft SWILD hat in Zusammenarbeit mit der Schweizerischen Vogelwarte in den Jahren 2019 und 2020 eine Studie durchgeführt, in der wir Massnahmen zur Reduktion des Jagderfolges getestet haben. Mit einer bunten Halskrause aus weichem Stoff (Birdsbesafe) und dem Katzenglöckchen haben wir zwei sehr vielversprechende Massnahmen untersucht. Gleichzeitig haben wir erhoben, ob diese Massnahmen für die Katzen verträglich sind und ob die Katzenhalter:innen sie einfach anwenden können und damit weiter einsetzen würden. An der Studie haben Freiwillige aus der ganzen Schweiz teilgenommen.

Die Resultate waren erfreulich (Geiger et al. 2022): Katzen, die ein Glöckchen am Halsband trugen, erbeuteten beispielsweise deutlich weniger Vögel und Kleinsäuger. Mit Halskrause brachten sie 37% weniger Vögel nach Hause als ohne Krause. Trugen sie Halskrause und Glöckchen brachten sie rund 60% weniger Säugetiere nach Hause. Egal ob einzeln oder in Kombination: Halskrause und Glöckchen sind für Katzenhalter:innen einfach anwendbare Massnahmen, die jährlich hunderttausenden Wildtieren das Leben retten und viel Tierleid verhindern könnten. Unsere Empfehlung ist, sie insbesondere in den Frühlingsmonaten anzuwenden, wenn es viele Jungvögel hat.

Mitmachen bei Katzenstudie!

In einer weiterführenden Studie wollen wir zusätzliche Massnahmen testen. Dafür suchen wir Freiwillige, die mit ihren Katzen daran teilnehmen möchten.
 

 

Foto Banner: © Kathi Märki / swild.ch